Immer wieder wird uns von Beobachtungen berichtet, dass ein Hörnchen in ein Nest klettert und wieder mit einem vermeintlichen Vogelküken im Maul verlässt. Doch halt! Einen Eichhörnchen-Kobel von einem Nest zu unterscheiden, ist gar nicht so einfach, schon gar nicht auf Entfernung. Und: Eichhörnchen haben nie nur einen Kobel, sondern stets mehrere. Wenn sie den Wohnsitz wechseln, transportieren sie ihre nackten Jungen im Maul. Nackte Eichhörnchenbabys sehen – gerade auf Entfernung – nackten Vogelbabys SEHR ähnlich.
Doch im Internet (von Wohlleben über Geo bis hin zum NABU und der Deutschen Wildtierstiftung) liest man immer wieder: „Vorliebe für Jungvögel“, „Allesfresser“ und „Gefahr für den Vogelfreund“. Immer wenn wir derartige Verlage und Vereine mit der Bitte anschreiben, uns eine Quelle für diese Aussage zu nennen, kommt als Antwort: „Alltagswissen/Alltagsbeobachtung“ oder es wird eine „Studie“ von Gurnell (1987) genannt. Doch diese Studie ist die einzige Quelle für zwei(!) Beobachtungen, wie im Mittelengland Eichhörnchen tatsächlich Jungvögel geräubert haben sollen. Wissenschaftlich gesichert ist hier also gar nichts.
Zweifelsohne haben Eichhörnchen einen gewissen Proteinbedarf, den sie manchmal durch Insekten decken. Für ihren Kalziumbedarf nagen sie Geweihe, Knochen und auch Eierschalen. Dass eine säugende Mutter in der Not mal ein Vogelei mit Innenleben frisst, kann sicherlich vorkommen, stellt jedoch ganz sicher keine Gefahr für die Vogelwelt dar.
Dies geschieht nur in sehr seltenen Fällen, wenn die Mutter starke Mängel hat bzw. unterversorgt ist. Solange allerdings bei uns das Futterangebot in den Wäldern ausreichend ist, ist auch das sehr unwahrscheinlich.