Für Tierärzte ist es kein seltener Eingriff: Die Kastration eines Hundes. Doch wie wird die Operation anhand des Tierschutzgesetzes beurteilt?
Was „Kastration“ wirklich bedeutet
Um zu ermitteln, inwiefern eine Kastration laut Tierschutzgesetz rechtens ist, muss zunächst der Begriff genau definiert werden. Bei einer Kastration – auch Gonadektomie genannt – werden mittels Operation die Keimdrüsen (Gonaden) des Tieres entfernt, die hauptsächlich für die Hormonproduktion zuständig sind. Bei Hündinnen sind damit die Eierstöcke, bei den Rüden die Hoden gemeint. Hündinnen wird manchmal zusätzlich die Gebärmutter entnommen. Nach der Kastration sind die Tiere demnach nicht mehr fortpflanzungsfähig. Auch durch eine Sterilisation werden die Tiere unfruchtbar. Hier werden allerdings nur Eileiter bzw. Samenstrang unterbrochen, während die Keimdrüsen nicht beeinträchtigt werden – also weiterhin Hormone produzieren. Die Sterilisation ist jedoch in Deutschland deutlich weniger verbreitet als die Kastration.
Kastration beim Hund – Was das Gesetz dazu sagt
§ 6 Abs. 1 Satz 1 TierSchG verbietet das vollständige oder teilweise Amputieren von Körperteilen oder das vollständige oder teilweise Entfernen oder Zerstören von Organen oder Geweben eines Wirbeltieres und damit grundsätzlich auch die Kastration oder Sterilisation. Die Erlaubnis zur operativen Unfruchtbarmachung ist nach deutschem Recht auf wenige Ausnahmen begrenzt, die in § 6 Abs. 1 Satz 2 Tierschutzgesetz abschließend aufgezählt sind. Für Haustiere ist die operative Unfruchtbarmachung im Einzelfall erlaubt, wenn sie nach der Indikation eines Tierarztes geboten ist oder eine unkontrollierte Fortpflanzung verhindert werden soll.
Gründe für eine Kastration
Die Motivation zur Kastration hat oftmals einen medizinischen Hintergrund, zum Beispiel die Therapie von bestimmten Erkrankungen wie Hodentumoren, aber auch die Vermeidung der Fortpflanzung. Letzteres ist besonders im Tierschutz im Ausland ein starkes Leitmotiv, da man so versucht, die Produktion weiterer „ungewollter“ Welpen und deren Leid zu unterbinden. Die Verhinderung der unkontrollierten Fortpflanzung ist in Deutschland lediglich bei frei laufenden Katzen vertretbar. In Deutschland gibt es keine vergleichbare Straßenhundeproblematik wie in anderen europäischen Ländern. Hier kann die Fortpflanzung z.B. durch die räumliche Trennung geschlechtsreifer Hunde eines Haushaltes während der Läufigkeit erfolgen.
Ist eine Kastration erlaubt?
Laut dem deutschen Tierschutzgesetz ist es grundsätzlich verboten, Tieren Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen – zumindest ohne vernünftigen Grund. Daher wäre eine Kastration erst einmal verboten. Wenn aber ein „vernünftiger Grund“ vorhanden ist, liegt eine Ausnahme vor. Damit wäre eine Kastration rechtens. Doch was ist ein vernünftiger Grund? Dieser ist zum Beispiel dann gegeben, wenn der Tierarzt den Eingriff veranlasst, um eine Krankheit zu behandeln. Jedoch muss auch bei der Entscheidung durch einen Tierarzt die Verhältnismäßigkeit gegeben sein. Lässt sich die Erkrankung also mit einer weniger invasiven Therapie behandeln, sollte diese der Kastration vorgezogen werden.
Es reicht nicht aus, einen Hund kastrieren zu lassen, weil der Besitzer es z.B. unhygienisch findet, wenn die Hündin blutet oder um Erkrankungen vorzubeugen.
Auch aus Verhaltensgründen ist eine Kastration eher selten notwendig. Dies sollte dann allerdings gut abgewogen werden. Bei Rüden kann z.B. zuvor mittels Kastrationschip eine vorübergehende Kastration und deren Auswirkung getestet werden. In vielen Fällen ist allerdings die Kastration nicht die richtige Lösung, auch wenn sie einfacher erscheint. Oftmals ist eine längere Verhaltenstherapie sinnvoller, die viel Geduld benötigt, aber letztendlich zielführend ist.
Schwierigkeiten bei der Argumentation
Es ist klar, dass ein vermeintlich leichteres Handling eines Haustieres nicht der Grund sein sollte, einen solchen Eingriff an ihm vorzunehmen. Bei einer gewissen Wahrscheinlichkeit, dass es ohne Kastration schwer erkrankt, ist das schon schwieriger zu beurteilen – ebenso wie bei der Vermeidung von weiteren „ungewollten“ Welpen oder dem Missbrauch als Zuchtmaschinen, was häufig im Ausland zu beobachten ist, aber auch in seltenen Fällen in Deutschland vorkommen kann.